Nehmen wir an, Du hast Dir über die Jahre eine gewisse Summe Vermögen angespart, Deine Lebensversicherung wurde Dir ausbezahlt oder Du hast vielleicht etwas geerbt: In allen drei Fällen liegt nun ein größerer Betrag auf Deinem Konto.
Allerdings möchtest Du das Geld nicht auf einmal nutzen, sondern regelmäßig einen Teil entnehmen. Der Rest bleibt idealerweise liegen und vermehrt sich weiter.
Eine Möglichkeit, einem größeren ETF-Vermögen regelmäßige Rentenzahlungen zu entnehmen, ist der sogenannte Auszahlplan.
In diesem Artikel zeigen wir Dir, was dahinter steckt und wie Du den richtigen Auszahlbetrag für Dich findest.
Was ist ein ETF-Auszahlplan?
Ein ETF-Entnahmeplan oder ETF-Auszahlplan ist das Gegenteil eines ETF-Sparplans. Statt regelmäßig ETF-Fondsanteile zu kaufen, rufst Du vom bereits angesparten Betrag regelmäßig Geld ab, verkaufst also ETF-Anteile. Man nennt das auch Entsparen oder Desinvestieren.
ETFs sind börsengehandelte Indexfonds, über die Du einfach und günstig an der Wertentwicklung der weltweiten Aktienmärkte teilhaben kannst. Für mehr Infos, wirf einen Blick in unseren Ratgeber zum Thema ETFs.
Du kannst zwischen einem automatischen Auszahlungsplan wählen, wie etwa unsere Broker-Empfehlungen Flatex oder Smartbroker ihn anbieten. In dem Fall musst Du Dich um nichts kümmern. Alternativ kannst Du Dir Deinen Auszahlplan selber bauen, indem Du manuell ETF-Anteile verkaufst, etwa immer zum Monatsbeginn.
Wie funktioniert ein Entnahmeplan?
Wenn Du einen ETF-Entnahmeplan einrichtest, musst Du Dich zunächst entscheiden, wie viel Geld Du wann erhalten willst. Du kannst Dir Geld monatlich auszahlen lassen, aber auch nur alle drei Monate oder vielleicht auch nur einmal im Jahr. Oft verlangen Banken oder Broker pro Auszahlung eine prozentuale Gebühr. Zu den Kosten erfährst Du weiter unten mehr.
Welche ETFs bieten sich für einen Auszahlplan an?
Wie schon bei der Geldanlage eignen sich breit aufgestellte ETFs auch gut für einen Auszahlungsplan. Ein gutes Beispiel sind ETFs auf den Weltaktienindex MSCI World. Der Index fasst die gut 1.500 wertvollsten Aktien aus 23 Industrieländern zusammen. Weil der ETF Verlustrisiken auf viele Schultern (Unternehmen) verteilt, schwankt der ETF vergleichsweise weniger im Wert als etwa der Deutsche Aktienindex Dax mit nur 40 Titeln.
Du kannst überlegen, einen ausschüttenden ETF zu wählen. Beim MSCI World kannst Du etwa mit 1,5 bis 2 Prozent Dividendenrendite rechnen. Damit kannst Du Dir mindestens diesen Betrag jährlich auszahlen, ohne auf Deinen Kapitalstock zugreifen zu müssen.
Welche Entnahmestrategien gibt es beim ETF-Auszahlplan?
Grundsätzlich gibt es zwei Entnahmestrategien bei einem ETF-Auszahlungsplan: die Auszahlung mit Kapitalverzehr oder ohne Kapitalverzehr.
Bevor Du Dich für die eine oder andere Strategie entscheidest, sind erst einmal 3 Fragen wichtig:
- Wie hoch soll Deine Rente sein? Also, wie viel Geld willst Du pro Monat zur Verfügung haben?
- Wie viele Jahre möchtest Du Rente beziehen?
- Möchtest Du am Ende noch Kapital übrig haben, beispielsweise um dieses zu vererben?
Je nachdem, wie Deine Antworten auf diese Fragen ausfallen, eignet sich eine Auszahlung mit oder ohne Kapitalverzehr besser.
Auszahlung mit Kapitalverzehr
Bei der Auszahlung mit Kapitalverzehr lässt Du Dir nicht nur die Dividenden Deines ETF ausbezahlen, sondern auch einen Teil Deines Vermögens. Das bedeutet: Dein Kapital wird über die Jahre weniger. Diese Variante eignet sich gut, wenn Du eine gewisse Rentenhöhe und Rentendauer anstrebst.
Weil Du mit jeder Auszahlung einen Teil Deines Ersparten mit aufbrauchst, kannst Du Dir über die Jahre eine höhere Rente leisten. Allerdings ist Dein Kapital am Ende der geplanten Laufzeit weg. Du kannst danach also nichts mehr davon vererben oder anderweitig verwenden.
Auszahlung ohne Kapitalverzehr
Beim Auszahlplan ohne Kapitalverzehr bleibt Dein Erspartes unberührt. Stattdessen lässt Du Dir jeweils nur Dividenden und eine eventuelle Wertsteigerung des ETFs auszahlen.
So kannst Du Dein Vermögen theoretisch ewig für Dich arbeiten lassen und Dir so eine lebenslange Rente sichern. Der Nachteil ist jedoch, dass Deine Auszahlungen betragsmäßig tendenziell geringer ausfallen und Du auch vorab nicht weißt, wie viel Geld Du entnehmen kannst. Alles hängt davon ab, wie sich Dein ETF entwickelt. Geht es an der Börse bergab, musst Du womöglich ganz auf eine Auszahlung verzichten.
Wie hoch sollte der Entnahmebetrag sein?
Je nachdem, ob Du Dich für die Auszahlung mit oder ohne Kapitalverzehr entscheidest, kannst Du Dir einen unterschiedlich hohen Entnahmebetrag auszahlen lassen.
Um ein Gefühl für einen realistischen Auszahlungsbetrag zu bekommen, kannst Du die durchschnittliche historische Rendite Deines ETFs anschauen. Sie kann als Indikator dafür dienen, wie viel Auszahlung möglich ist, ohne dass Dein Vermögen deutlich schrumpft.
Der Weltaktienindex MSCI World zum Beispiel erzielte historisch eine durchschnittliche Rendite von etwa 9 Prozent pro Jahr, in den vergangenen 10 Jahren erreichte er pro Jahr gut 10 Prozent. Mehr zu den Renditen wichtiger Aktienindizes liest Du in unserem Artikel ETF-Rendite.
In der Regel gehen Experten aber konservativer an die Sache ran. Oft spricht man von der 4-Prozent-Regel. Sie besagt, dass Dein Vermögen für etwa 30 Jahre reichen sollte, wenn Du jährlich 4 Prozent der anfangs investierten Summe entnimmst.
Das Problem ist: Keiner kann sagen, wie der Aktienmarkt genau verlaufen wird. Auch wenn wir langfristig davon ausgehen, dass die Weltwirtschaft wächst, kann dies in Zyklen geschehen. Eine gute Strategie kann es sein, eher konservativ zu kalkulieren, also von einer geringen Entnahme auszugehen und in guten Zeiten mehr Geld zu entnehmen.
Beispiele für ETF‑Entnahmepläne
Nehmen wir an, Du startest mit einem Kapital von 100.000 Euro und möchtest pro Jahr 4 Prozent Deines Anfangsvermögens entnehmen. Das sind 4.000 Euro pro Jahr oder gut 330 Euro monatlich.
- Vermehrt sich Dein Kapital nicht, weil Du es zinslos auf dem Sparbuch hast, reicht es Dir für 25 Jahre (100.000 € / 4.000 € = 25).
- Würde Dein Kapital stetig 1 Prozent pro Jahr an Wert verlieren, wäre Dein Guthaben nach gut 22 Jahren aufgebraucht. Entnimmst Du statt 330 Euro monatlich 500 Euro (6 Prozent), wäre es schon nach 15 Jahren aufgebraucht.
- Würde Dein Kapital stattdessen jedes Jahr stetig um 1 Prozent an Wert gewinnen, ist Dein Geld bei einer Auszahlung von 330 Euro pro Jahr erst nach gut 28 Jahren aufgebraucht. Würdest Du 500 Euro monatlich entnehmen, reicht Dein Geld gut 18 Jahre.
Das Beispiel lässt sich nun beliebig variieren. Wenn Du selbst ausprobieren möchtest, wie sich verschiedene Entnahmebeträge je nach (positiver) Renditen auf Dein Kapital auswirken können, kannst Du zum Beispiel den Auszahlplan-Rechner von ExtraETF zur Hilfe nehmen.
Was gibt es bei einem ETF-Entnahmeplan zu beachten?
Weil wir die tatsächliche Wertentwicklung des Aktienmarktes nicht vorhersagen können, ist es nicht seriös, absolute Aussagen über einen optimalen Entnahmebetrag zu treffen. Wir können aber grundsätzlich sagen:
- Je mehr Dein Börsenkapital an Wert verliert, umso vorsichtiger musst Du mit Entnahmen sein. Wenn Du auf eine Entnahme verzichten kannst, also mit einer Rentenzahlung an Dich selbst aussetzt, schont das Dein Kapital erheblich.
- Befinden sich die Börsen im Aufschwung, steckt Dein Vermögen auch höhere Entnahmen leichter einmal weg.
- Möchtest Du konstant denselben Betrag entnehmen, kalkuliere lieber vorsichtig, überprüfe regelmäßig Deinen Restbetrag und passe Deine Auszahlung im Zweifel etwas an.
Wo kannst Du einen Auszahlplan einrichten?
Möchtest Du einen Auszahlplan umsetzen, kannst Du Dir eine Bank oder einen Broker suchen, die diesen Service anbieten. Traditionell sind das leider nicht so viele.
- Von unseren Broker-Empfehlungen bieten im Juni 2023 Flatex und Smartbroker einen kostenlosen Auszahlplan an. Während Flatex den Service kostenlos anbietet, verlangt Smartbroker pro Auszahlung eine Gebühr von 0,2 Prozent des Auszahlungsbetrags und mindestens 80 Cent.
- Auch die Targobank und S-Broker haben Auszahlpläne gegen eine prozentuale Gebühr im Programm.
Gebühren für ETF-Entnahmepläne
Die Depotführung ist bei allen Anbietern kostenlos.
Welche Steuern gibt es beim ETF-Entnahmeplan?
Verkaufst Du ETF-Anteile mit Gewinn, musst Du darauf insgesamt 26,375 Prozent Abgeltungssteuer plus Solidaritätszuschlag bezahlen, ggf. kommt Kirchensteuer dazu. Allerdings wird die Steuer nur abgeführt, wenn Deine Kapitalerträge pro Jahr Deinen Freibetrag von 1.000 Euro übersteigen.
Wir empfehlen daher, dass Du zusammen mit dem ETF-Entnahmeplan auch gleich einen Freistellungsauftrag bei der Bank oder dem Broker einrichtest.
Möchtest Du mehr zur Besteuerung von ETFs wissen, wirf einen Blick in unseren Ratgeber zu ETF und Steuern.
Häufig gestellte Fragen zum ETF-Entnahmeplan
Wann lohnt sich der Auszahlplan ohne Kapitalverzehr?
Der Auszahlungsplan ohne Kapitalverzehr lohnt sich, wenn Du eine lebenslange Rente aus Deinem ETF-Vermögen beziehen willst. Da Du nichts von Deinem Kapital verbrauchst, kann dieses theoretisch ewig für Dich arbeiten und eine Rente für Dich generieren. Wie viel Rente Du beziehen kannst, hängt entscheidend von Deinem Ausgangsinvestment ab, und davon, wie sich die Aktienmärkte entwickeln.
Wann lohnt sich der Auszahlplan mit Kapitalverzehr?
Ein Auszahlungsplan mit Kapitalverzehr lohnt sich vor allem, wenn Du eine garantierte Rentenhöhe und -dauer haben möchtest. Denn dabei planst Du einen fixen Prozentsatz pro Auszahlung, unabhängig von der Wertentwicklung Deines Portfolios. Dementsprechend ist das Kapital nach einem gewissen Zeitraum aufgebraucht.
Mein Broker bietet keinen Entnahmeplan an – Was tun?
Aktuell bieten nur wenige Broker und Banken einen Entnahmeplan an, darunter unsere Broker-Empfehlungen Flatex und Smartbroker. Eine Möglichkeit ist es, Deinen Kapitalstock auf einen dieser Broker zu übertragen, dort also für den Auszahlplan ein Depot zu eröffnen. Theoretisch kannst Du die Auszahlungen aber auch manuell tätigen. In dem Fall musst Du jeden Monat oder jedes Quartal daran denken, eine entsprechende Verkaufsorder zu platzieren.
Author: Daniel Heath
Last Updated: 1698941642
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